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Name
Die Herkunft der Bezeichnung „Regenwurm“ ist umstritten. Einer Ansicht zufolge soll er auf den althochdeutschen Begriff „Regnwurm“ zurückgehen, der sich auf das Verhalten der Würmer beziehe, bei starken Regenfällen die unterirdischen Wohnröhren rasch zu verlassen, um auf der Erdoberfläche dem Wasseranstieg im Oberboden zu entkommen. Nach anderer Ansicht rührt der deutsche Name von ihrer steten unterirdischen Aktivität her; noch im 16. Jahrhundert soll es die Bezeichnung „reger Wurm“ gegeben haben.
Auf den eigentlichen Aufenthaltsort des Wurms bezogen sind dagegen beispielsweise die englische Bezeichnung „earthworm“, wobei auch „rain worm“ gebräuchlich ist, das türkische „yer solucanı“ und der französische Begriff „ver de terre“ (Erdwurm).
Hautmuskelschlauch
Nach außen hin ist der gesamte Körper des Wurms und damit auch jedes seiner Segmente durch einen Hautmuskelschlauch abgegrenzt. Auf eine einschichtige Epidermis, die einige Drüsen- und Sinneszellen enthält und nach außen von einer kollagenhaltigen Cuticula umgeben ist, folgt eine Ringmuskelschicht. An diese schließt wiederum nach innen die dicke Längsmuskelschicht an. Die meisten Arten besitzen Hautpigmente. So sind zum Beispiel viele Lumbricus-Arten mehr oder weniger rot gefärbt. Alle Allolobophora-Arten besitzen dagegen mehr dunkle Pigmente, die die Hautoberfläche eher hellgrau oder grau-schwarz erscheinen lassen.
Verdauungsorgane
Eine Art Oberlippe, auch Kopflappen (Prostomium) genannt, überwölbt am Kopfende den Mund. Die Mundöffnung führt in den Darm, der den Regenwurm von vorne bis hinten vollständig durchzieht. Der Darm beginnt mit dem muskulösen Pharynx, auf den die Speiseröhre (Oesophagus) mit ihren Kalksäckchen sowie ein muskulöser Kropf und Muskelmagen folgen. Hier wird (ähnlich wie bei Hühnern) die pflanzliche Nahrung durch mitaufgenommene kleine Steinchen (hier: Sandkörner) gleichmäßig zerrieben. Es folgt der lange Mitteldarm, der auf der Rückenseite in seiner gesamten Länge eine Einstülpung (Typhlosolis) aufweist, die die innere Darmoberfläche vergrößern hilft. Am Hinterende des Wurms befindet sich der After. Mit Hilfe kalziumhaltiger Abscheidungen neutralisieren die Würmer alle aufgenommenen säurehaltigen Bodeninhaltsstoffe und sorgen so auf natürliche Weise für eine Bodenverbesserung.
Ausscheidungsorgane
Die Ausscheidungsorgane beginnen hinten in jedem Coelomsäckchen der Segmente (mit Ausnahme der ersten drei Glieder und des letzten Segments) links und rechts vom Darm mit je einem Wimperntrichter der sogenannten Nephridien. Diese gehen im nächsten Coelomsäckchen in einen langen, in Schleifen gewundenen, von Blutgefäßen umsponnenen Exkretionskanal über, der sich im Endabschnitt zu einer Harnblase erweitert. Der Wimpertrichter saugt Coelomflüssigkeit an, deren größter Teil im Exkretionskanal ins Blut transportiert wird (bis auf die Abfallstoffe). Die Adern dienen gleichzeitig der Versorgung des Ausscheidungsorgans mit Sauerstoff und Nährstoffen. Diese Versorgung der Zellen ist nötig, weil an den Schleifen des Nephridiums aktive Transportvorgänge zur Ausscheidung von Harnsäure, Harnstoff, Ammonium und Salzen sowie zur Resorption von Wasser, Ionen und organischen Verbindungen ablaufen.
Fortpflanzungsorgane
Regenwürmer besitzen als Zwitter sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsorgane und diese zudem jeweils beidseitig. Sie beginnen mit zwei Paar Hoden vorn im Coelom des 10. und 11. Segmentes, eingepackt in die sogenannten Samenkapseln. Die Samenkapsel des 10. Segments weist zwei paarige Ausstülpungen der Dissepimente in vordere und hintere Längsrichtung auf, die Samentaschen. Die Samentasche des 11. Segments ragt in das 12. Segment hinein. Die gereiften Spermien aus diesen drei Paar Samentaschen wandern in die Samenkapseln zurück. Hier beginnen die Spermienleiter jeweils mit einem Wimperntrichter (einer Öffnung mit einem Saum von Zilien, die in Richtung des Inneren schlagen), vereinigen sich beiderseits und münden im 15. Segment in zwei erkennbaren Öffnungen (männlicher Porus) nach außen. Im 13. Segment liegen entsprechend die weiblichen Organe (Eierstöcke und Eileiteröffnungen). Die Eileiter münden aber schon im 14. Segment nach außen. Hinzu kommen noch zwei Paar Samentaschen (Receptacula seminis) im 9. bis 10. Segment zur Aufnahme von Spermien bei der Paarung.
Fortpflanzung
Die Geschlechtsreife, die mit ein bis zwei Jahren eintritt, zeigt sich durch die Ausbildung des sogenannten Gürtels (Clitellum), einer gelblichen sattelförmigen drüsenreichen Verdickung vom 27. bis 35. Segment. Die Seitenränder des Clitellums treten als sogenannte Pubertätsleisten besonders hervor.
Regenwürmer sind Zwitter und befruchten sich wechselseitig. Große Drüsen des Gürtels scheiden bei der Begattung ein Sekret aus, mit dem sich jeder Wurm an der Bauchseite des 10. Segmentes des anderen Partners gegenläufig anheftet. Dann scheidet jeder Wurm aus den beiden Spermienleitern eine deutlich sichtbare Spermienportion aus, die er durch Hautbewegungen längs zweier Samenrinnen in Richtung seines Gürtels zu den dort befindlichen Samentaschen (Receptacula seminis) des Partners transportiert. Die dort gespeicherten fremden Spermien dienen ein paar Tage später zur Befruchtung der eigenen Eizellen. (Bei einigen Regenwurmarten wurde hin und wieder auch Selbstbefruchtung beobachtet.)
Die Eier werden (wie auch bei den Blutegeln) in Kokons abgelegt. Ein Clitellum-Sekret dient zur Bildung der Hülle dieses Ei-Kokons, ein zweites füllt es mit einer Eiweißschicht. Dann zieht sich der Wurm rückwärts aus dem Kokonring, in den dabei aus den Eileitermündungen je nach Art ein oder mehrere Eier und aus den Samentaschen Spermien abgegeben werden. Die Embryonen ernähren sich von dem Eiweiß, von dem sie umgeben sind, und machen im Ei nach einer kurzen Trochophora-Phase die Metamorphose zum zunächst durchsichtigen Wurm durch.
Die Entwicklungsdauer der Jungwürmer kann je nach Art und Umgebungstemperatur sehr verschieden sein. So schlüpft der Kompostwurm (Eisenia fetida) in seiner relativ warmen Umgebung bereits nach 16 bis 20 Tagen, dagegen benötigt Lumbricus terrestris bei einer mittleren Bodentemperatur von etwa 12 °C bis zu 135 Tage.
Verhalten bei Hitze und Kälte
Das Temperaturoptimum der meisten Regenwurmarten liegt bei 10 bis 14 °C (Kompostwürmer: 20–25 °C). Darüber hinaus brauchen sie feuchte Erde. Dadurch sind Regenwürmer im Sommer und Winter weniger bis gar nicht aktiv.[10]
Die Wintermonate (Dezember bis Februar) verbringen Regenwürmer in Mitteleuropa in 40 bis 80 cm Bodentiefe in einer Art Kältestarre. Häufig finden sich unter wärmespeichernden Bodenstrukturen wie Baumstümpfen, Steinen oder Komposthaufen ganze Kolonien zusammengerollter Würmer. Unter hohen und dicht geschlossenen Schneedecken ist der Boden gegen Kälte geschützt und meist nicht gefroren. Stellenweise kann man hier Regenwürmer beobachten, die selbst im Winter im Bereich des Oberbodens aktiv sind. Noch ist unbekannt, inwieweit und wie lange die Tiere Kältegrade überstehen können. Mittelfristig droht den im Winter aktiven Würmern die Gefahr auszutrocknen, da eine Durchfeuchtung des Bodens aufgrund der gefrorenen Schneedecke bzw. Bodenoberfläche nicht stattfindet. Manche Arten können während der Winterruhe ca. 80 % ihres ursprünglichen Gewichts einbüßen, bevor sie sterben. Lumbricus terrestris zum Beispiel vollzieht in den relativ milden Gegenden Südwestdeutschlands (Oberrheingraben) keine richtige Winterruhe. Er erscheint in feuchten, frostfreien Nächten stets an der Bodenoberfläche, um Nahrung aufzunehmen.
Die im Herbst abgelegten Kokons der geschlechtsreifen Regenwürmer entwickeln sich im frostfreien Boden über den Winter hinweg weiter. Im Frühjahr schlüpfen die Jungwürmer nach Eintritt einer Bodentemperatur von über 10 °C.
Bedeutung für die Bodenverbesserung
Rolle als Destruenten
Regenwürmer können in bestimmten Bereichen einen Anteil von bis zu 90 Prozent der Biomasse der gesamten Bodenfauna ausmachen, wobei die Wurmdichte bis zu 2000 Individuen pro Quadratmeter erreichen kann.[15] Sie nehmen als Destruenten eine zentrale Stellung beim Abbau organischer Substanzen ein. Die lufthaltigen Gänge der Regenwürmer sorgen dafür, dass aerobe Bakterien mit genügend Sauerstoff versorgt werden und sich abgestorbene Pflanzenteile besser zersetzen.
Die gezielte Verarbeitung von Kompost (Kompostierung) durch Regenwürmer (Wurmkompost) ergibt als Produkt den sogenannten Wurmhumus mit hochkonzentrierten Bestandteilen an pflanzenverfügbaren Nährstoffen.
In den Llanos genannten Ebenen in Kolumbien und Venezuela entstanden vor allem durch Ausscheidungen von Regenwürmern der Gattung Andiorrhinus (Familie Glossoscolecidae) gebildete, Quadratkilometer große Landschaften aus bis zu fünf Meter breiten Erdhügeln, genannt Surales.[16]
Belüftung und Durchmischung der Böden
Ihren Kot setzen die Regenwürmer meist oberirdisch in Form von geringelten Kotbällchen am Mündungsende ihrer Gänge ab. Schon 1881 beschrieb Charles Darwin in seinem Buch Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer die Tatsache, dass Regenwürmer beständig die aus den tieferen Schichten des Bodens stammende Erde durch ihren Darm hindurch an die Erdoberfläche befördern und dadurch zur Auflockerung und Belüftung der Böden beitragen.[17] Als begleitender Effekt zeigt sich das erleichterte Eindringen von Wasser in tiefere Bodenschichten. Dies wiederum fördert das Pflanzenwachstum. In den vertikal gebohrten Gängen können aber auch Pflanzenwurzeln schneller in die Tiefe wachsen.
Nach Darwins Berechnung befördern die Regenwürmer in vielen Teilen Englands jährlich auf einem sechs Hektar großen Landstück ein Gewicht von mehr als 25.000 kg Erde an die Oberfläche und bewirken dadurch eine ganz erhebliche Durchmischung der Bodenschichten, wobei der Untergrund mit Humusstoffen angereichert wird. Durch diese Tätigkeit „versinken“ Steine oder auch verlorene Münzen im Boden, weil die Ausscheidungen, die auf der Oberfläche abgelagert werden, aus tieferen Bodenschichten stammen. Dieser Vorgang wird allgemein als Bioturbation bezeichnet. In den Oberböden der Tropen und Subtropen wurden noch wesentlich höhere Umsetzungsraten festgestellt. Es liegt nahe, dass die Böden des tropischen Regenwaldes hierbei an der Spitze liegen (bis zu 280 t pro ha).
Ebenfalls 1881 hatte aber Louis Pasteur auch darauf hingewiesen, dass in den Kotbällchen der Regenwürmer Krankheitserreger aus tieferen Erdschichten an die Oberfläche gelangen können. Damals war es üblich, an Milzbrand-Erregern (Bacillus anthracis) verstorbene Rinder, Schafe und Pferde auf einer Acker- oder Wiesenfläche zu vergraben. In den Kotbällchen der Regenwürmer über diesen Kadavern waren hohe Konzentrationen an Milzbrand-Erregern entdeckt worden, die nachweisbar von Weidetieren aufgenommen wurden und zu weiteren Infektionen führten.[18] Ein Jahr später erörterte auch Robert Koch diese Form der Infektion in seiner Publikation „Über die Milzbrandimpfung“.[19]
Im Freiland sind die positiven Einflüsse von Regenwürmern nicht messbar, da man sie von den anderen Umwelteinflüssen nicht trennen kann. Unter standardisierten Bedingungen im Labor hingegen sind die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf die Bodenverbesserung belegbar.
Biologischer Gartenbau
Für den biologischen Gartenbau sind Regenwürmer von zentraler Bedeutung. Regenwürmer gelten als wichtigste Erzeuger von Dauerhumus, gleichbedeutend mit den Ausscheidungen des Regenwurms, einer stabilen Bodenstruktur, ideal für das Pflanzenwachstum und mit vielen für die Pflanzen verfügbaren Nährstoffen. Daher ist auch die Pflege des Bodens in Form von Abdecken oder oberflächliches Hacken gegen Austrocknung, Mulchen und Einbringen von Kompost eine Vergünstigung der Lebensbedingungen für das Bodenleben (Edaphon) und somit für die Regenwürmer.
Der Komposthaufen im biologischen Gartenbau stellt sozusagen die Verdauungstätigkeit des Regenwurms im großen Stil nach. Hier finden sich vor allem der Kompostwurm und der Rote Waldregenwurm sehr häufig ein, ebenso wie unter ausgebrachtem Mulchmaterial. Die Reife des Kompostes lässt sich dadurch feststellen, dass der Haufen zusammengesunken ist und die Regenwürmer diesen verlassen haben.
Die Nährstoffanreicherung durch die Regenwürmer wird indirekt durch organische Düngung erzeugt und auf Kunstdünger wird explizit verzichtet. Da die Grabetätigkeit der Regenwürmer den Boden ausreichend lockert, ist im biologischen Garten bei richtiger Bodenpflege ein Umgraben im Gegensatz zur konventionellen Anbaumethoden nicht mehr erforderlich.
Wurmzucht, Wurmfarm
Die meisten Regenwurmarten können relativ einfach in Gefangenschaft gehalten und entsprechend gut vermehrt werden. Auf diese Weise werden Regenwürmer vielerorts in sogenannten Wurmfarmen in großem Stil gezüchtet und kommerziell genutzt. Vielfache Verwendung finden die Würmer als Futtertiere im Zoofachhandel oder als Köder für den Angler. Zuchtansätze und Zubehör zur Wurmzucht können von darauf spezialisierten Unternehmen im Internet bestellt und auf dem Postweg zugeschickt werden.
Seit einiger Zeit werden Wurmkulturen auch für die Bodenverbesserung und für die Kompostwirtschaft eingesetzt. Am besten eignen sich hierfür Arten, die bereits von Natur aus hohe Umsetzungs- und Reproduktionsraten aufweisen, z. B. Eisenia fetida.
Neuerdings werden auch tropische Regenwurmarten in geheizten Anlagen kultiviert, z. B. Eudrilus eugeniae aus Westafrika. Solche Arten sollten allerdings nur in geschlossenen Bereichen (Gewächshäusern, Laboreinheiten) gezüchtet werden. Ins Freiland ausgebracht werden sollten sie wegen der Neozoenproblematik jedoch nicht. Auch für den Hobbygärtner und den Halter von Terrarientieren (z. B. Schildkröten, Frosch- und Schwanzlurche) kann sich die Zucht von Regenwürmern in sogenannten Wurmkisten lohnen. Diese speziellen Behältnisse eignen sich u. a. auch für die Aufstellung auf Balkonen und Terrassen.
Immer wieder tauchen in der Presse Berichte auf, dass Regenwürmer für den menschlichen Verzehr gezüchtet und angeboten werden (z. B. als Fleischklößchen – sog. „Wormburger“ oder frisch frittiert). Aufgrund der generell starken Parasitierung der Würmer ist hier aber Vorsicht geboten (s. w. o. Parasiten).
Verwendung als Bioindikatoren
Regenwürmer finden auch in der Bioindikation Anwendung. Sie akkumulieren im Boden Schwermetalle derart, dass deren Aufnahme der Schwermetalle mit den entsprechenden Bodengehalten korreliert.[29] Das Monitoring von Regenwürmern dient vor allem zum Nachweis schleichender Bodenveränderungen.[30] Da Regenwürmer am Beginn einer Nahrungskette stehen, kommt ihnen aus ökologischer Sicht eine große Bedeutung zu.[29]
Für das Biomonitoring mit Regenwürmern wird aus einer Fläche von ungefähr einem halben Quadratmeter eine statistisch ausreichend große Anzahl von Regenwürmern eingesammelt. Die Probenahme ist jährlich zum gleichen Zeitpunkt zu wiederholen.[31
Quelle: Wikipedia-Dendrobena